EONIA: Alles, was Sie über den Euro Interbank Offered Rate

Entdecken Sie in unserem Blog-Artikel die Geschichte des Eonia, des einst maßgeblichen Referenzzinssatzes für Tagesgelder im Euroraum, und wie dieser durch den modernen €STR ersetzt wurde.

EONIA: Alles, was Sie über den Euro Interbank Offered Rate

Die Entstehung eines Zinssatz-Standards: Eonia

Als im Jahr 1999 der Euro eingeführt wurde, benötigte der neu geschaffene Währungsraum auch eigene Referenzzinssätze. Der Euro Overnight Index Average, besser bekannt unter dem Akronym Eonia, erfüllte diese Rolle für den Euroraum als maßgeblicher Zinssatz für unbesicherte Tagesgelder.

Eonia diente als wichtiger Indikator für die Liquidität und die Kreditkonditionen im Interbankenmarkt. Er wurde aus den tatsächlichen Transaktionen der am aktivsten handelnden Banken berechnet und bot damit ein zuverlässiges Bild über den Zustand des sehr kurzfristigen Geldmarktes in der Eurozone.

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Eonia stand für den Euro Overnight Index Average und wurde nach der Einführung des Euros zu einem wesentlichen Referenzzinssatz im Euroraum.

Das Prinzip hinter Eonia

Um die Dynamik des Eonia zu verstehen, ist es wichtig, seine Funktionsweise zu beleuchten. Der Zinssatz wurde täglich durch das European Money Markets Institute (EMMI) auf Basis der Zinssätze berechnet, zu denen eine Auswahl von rund 30 Banken untereinander unbesicherte Übernacht-Kredite vergab. Jene Berechnungen fanden gewöhnlich am späten Nachmittag statt, und das Ergebnis wurde um 19:00 Uhr MEZ veröffentlicht. Einige Besonderheiten machten den Eonia zu einem besonderen Indikator: Er spiegelte die tatsächliche Zinslandschaft auf Tagesbasis wider und reagierte zugleich sensitiv auf geldpolitische Entscheidungen der Europäischen Zentralbank (EZB).


Die Schwächen des Eonia und ihre Konsequenzen

Trotz der anfänglichen Beliebtheit offenbarten sich im Laufe der Zeit Schwächen in der Methodik des Eonia. Diese führten zu Fragen hinsichtlich seiner Zuverlässigkeit und Repräsentativität. Vor allem nach der Finanzkrise 2008 kam es zu einem Vertrauensverlust in Interbankenzinssätze, nicht zuletzt wegen diverser Skandale rund um die Manipulation von Benchmarks wie dem LIBOR. Im Zuge der Reform der Finanzmarkt-Referenzwerte wurde daher ein neuer risikofreier Übernacht-Referenzzinssatz ins Leben gerufen: der Euro Short-Term Rate, kurz €STR.

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Die €STR dient als moderner und manipulationssicherer Ersatz für den traditionellen Eonia, wobei letztere ab Oktober 2019 bereits als €STR plus 8,5 Basispunkte berechnet wurde.

Die €STR als neuer Standard

Die €STR wurde als Nachfolgeindikator für den Eonia vom ersten Tag an als robuster und transparenter eingestuft. Diese wird auf Basis von tatsächlichen Transaktionsdaten berechnet, die der EZB täglich gemeldet werden. Diese gilt als robuster gegenüber manipulativen Einflüssen, da sie eine weitaus größere Datenbasis hat und dadurch einzelne Transaktionen weniger Gewicht in der Kursfindung haben. Seit ihrer Einführung ist die €STR der empfohlene Standard und wird auch als unhedged rate für Produkte und Verträge im Euroraum verwendet.


Eonia in der praktischen Anwendung

Der Einfluss des Eonia ging weit über Banken und Finanzinstitute hinaus. Der Zinssatz bildete nicht nur die Grundlage für eine Vielzahl von Finanzprodukten, wie Zinsswaps, Zertifikate und Indexfonds, sondern wirkte sich auch direkt auf die Zinsen für Tagesgeldkonten von Privatanlegern aus. Für das Treasury- und Portfoliomanagement waren Eonia-Swaps ein gängiges Instrument zur Absicherung von Geldmarktpositionen. Durch das Hedging (Absicherung) von Positionen gegen Zinsänderungen stellte der Eonia-Swap ein zentrales Werkzeug im Risikomanagement dar.


Der Niedergang des Eonia und das Ende einer Ära

Mit der Einführung des €STR begann schließlich das langsame Auslaufen des Eonia. Ab dem 2. Oktober 2019 wurde Eonia bereits als ‘€STR plus Basispunkte’ berechnet, was ein deutliches Signal für die bevorstehende Ablösung war. Das endgültige Ende des Eonia wurde zum 3. Januar 2022 besiegelt, ab diesem Zeitpunkt erfolgte die vollkommene Umstellung auf den €STR. Der Eonia war damit nach über zwei Jahrzehnten im Dienst als ein wichtiger Finanzmarktrichtwert Geschichte.


Bedeutende Eonia-Werte und historische Betrachtung

Im Laufe seiner Existenz erlebte der Eonia verschiedene Hoch- und Tiefphasen, die eng mit den ökonomischen Zyklen des Euroraums verknüpft waren. Der Zinssatz startete im Januar 1999 bei 3,20% und erreichte während der Dotcom-Blase und der Finanzkrise 2008 markante Spitzenwerte. Andererseits fiel der Eonia im Zuge der Europäischen Schuldenkrise und der darauffolgenden Expansion der EZB-Geldpolitik in den negativen Bereich. Diese Entwicklung spiegelte die Bereitschaft der Zentralbank wider, zunehmend expansivere Maßnahmen einzuleiten, um die Wirtschaft der Eurozone zu stimulieren.

  1. 3,20% im Jahr 1999 bei Einführung
  2. Markante Spitzenwerte in den Jahren 2001 und 2008
  3. Negative Werte seit August 2014

Tabellarische Fakten zum Eonia

Um einen schnellen Überblick über einige Schlüsselfakten des Eonia zu geben, eignet sich eine tabellarische Zusammenfassung:

Startwert bei Einführung (Jan. 1999) 3,20%
Erste Berechnung 1.Januar 1999
Basispunktaufschlag ab Okt. 2019 8,5
Veröffentlichungszeit 19:00 Uhr MEZ (vor €STR-Umstellung)
Zinsmethode act/360
Letzter offizieller Wert -0,505% am 31. Dezember 2021
Einstellung des Indikators 3. Januar 2022

FAQs – Häufig gestellte Fragen

Was versteht man unter Eonia?

Eonia stand für Euro Overnight Index Average und war ein maßgeblicher täglich veröffentlichter Zinssatz, der die durchschnittlichen Zinssätze für unbesicherte Tagesgelder im Euroraum darstellte. Er wurde aus den Datensätzen der aktivsten Banken innerhalb dieses Raumes berechnet und galt als wichtiger Indikator der Kreditkonditionen.

Was ersetzt Eonia?

Der Eonia wurde durch den Euro Short-Term Rate (€STR) ersetzt. Dieser neue Zinssatz wird von der Europäischen Zentralbank veröffentlicht und basiert auf einer breiteren und stabileren Datenbasis, wodurch er als manipulationssicherer und verlässlicher gilt.

Wie hoch ist der Eonia?

Der Eonia wurde per 3. Januar 2022 eingestellt und veröffentlicht daher keine neuen Werte mehr. Der letzte offizielle Wert lag bei -0,505% am 31. Dezember 2021.

Wie lange gibt es den Eonia noch?

Der Eonia wurde zum 3. Januar 2022 offiziell eingestellt und wird nicht mehr berechnet oder veröffentlicht. Nun dient der €STR als offizieller Referenzzinssatz für den Euroraum.

Welche Bedeutung hatte der Eonia für den Interbankenhandel?

Der Eonia war eine wichtige Benchmark für den Interbankenhandel, da er die Konditionen reflektierte, zu denen Banken sich untereinander Geld für eine Nacht liehen. Somit beeinflusste der Eonia auch die Zinssätze für Kredite mit variabler Verzinsung und diente als Referenz für Finanzinstrumente.

Die globale Perspektive: Eonia und internationale Vergleichbarkeit

Obgleich der Eonia als Referenzzinssatz innerhalb des Euroraums fest verankert war, hatte er auch auf globaler Ebene eine nicht zu unterschätzende Bedeutung. Als europäisches Pendant zu anderen wichtigen Übernacht-Referenzzinssätzen, wie dem amerikanischen Federal Funds Rate oder dem britischen SONIA (Sterling Overnight Index Average), diente der Eonia oftmals als Vergleichswert in internationalen Finanzanalysen.

Diese internationale Vergleichbarkeit ermöglichte es Anlegern und Ökonomen, die Liquiditätsbedingungen und Geldmarktentwicklungen verschiedener Wirtschaftsräume zu beurteilen und entsprechend darauf zu reagieren. Sie trug damit zu einer globalen Synchronisierung und Vernetzung der Finanzmärkte bei. Durch den Übergang zum €STR bleibt abzuwarten, wie sich der neue Referenzzinssatz in diese internationale Rolle einfügt und ob er ähnliche globale Signifikanz erreichen wird.


Eonia und die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank

Die Verflechtung zwischen Eonia und der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) bot Einblicke in die Richtung, die die Zentralbank mit ihrem Kurs verfolgte. Der Referenzzinssatz fungierte als Barometer für die Effektivität geldpolitischer Maßnahmen, beispielsweise bei Zinsniveauänderungen oder bei quantitativen Lockerungen.

Da sich der Eonia aus dem täglichen Bankengeschäft ableitete, zeigten Veränderungen in seinem Wert an, wie die von der EZB gesetzten Impulse vom Bankensektor aufgenommen wurden. Die Ablösung durch den €STR soll diese Transparenz weiterhin garantieren und dadurch zur Stabilität des Euroraums beitragen, indem er genauer die tatsächlichen Marktbedingungen wiedergibt.


Die technische Weiterentwicklung und Zukunftsorientierung

Die Umstellung vom Eonia auf den €STR symbolisiert auch den fortschreitenden Trend zur Digitalisierung und technischen Weiterentwicklung im Finanzsektor. Während der Eonia auf einem System basierte, das nach der Einführung des Euros entwickelt wurde, repräsentiert der €STR den neuesten Stand der Technik, indem er genauere und umfangreichere Daten nutzt.

Die Entwicklung hin zu verbesserten Referenzzinssätzen zeigt, dass der Finanzmarkt stets nach Innovationen strebt, die Genauigkeit und Zuverlässigkeit verbessern können. Dies ist ein entscheidendes Signal an Investoren und Finanzinstitutionen weltweit, dass der Euroraum Willens und imstande ist, seinen Finanzsektor zeitgemäß zu gestalten und zukunftsfähig zu machen.


Die Wechselwirkung zwischen Eonia und den Finanzmärkten

Die Relevanz des Eonia reichte über seine Rolle als Benchmarksatz hinaus und beeinflusste aktiv das Handelsgeschehen auf den Finanzmärkten. Als verlässlicher Indikator der Tagesgeldpreise hatte der Eonia direkten Einfluss auf die Preisgestaltung von derivativen Finanzinstrumenten, wie Zinsfutures und Optionen, sowie auf den gesamten Geldmarkt.

Die Ablösung des Eonia durch den €STR bedeutet somit nicht nur eine methodische Änderung in der Berechnung eines wichtigen Zinssatzes, sondern auch eine strukturelle Anpassung an den Finanzmärkten, die dessen Transparenz und Stabilität langfristig sichern soll.